• Über Tom Sora und wie er zum Thema seines Buchs kam

Ich, Tom Sora, bin Komponist und Musikwissenschaftler. Ich werde jedoch hier nichts über diese Tätigkeiten berichten, sondern schildern, wie ich dazu kam, mich so intensiv mit der sehr umfangreichen Thematik (Totalitarismus, Propaganda, Marxismus-Leninismus, Neomarxismus, Kulturhass, Avantgarde, John Cage, Revolution, Kollektivismus usw.) meines Buchs zu beschäftigen.

(Falls Sie mehr über mich als Musiker erfahren möchten, sind Sie herzlich auf meine Website https://www.tomsora.de/ eingeladen.)

Wie kam ich zum Thema dieses Buchs?

Ich bin in einem kommunistischen Land geboren und aufgewachsen. Ich wusste schon sehr früh, dass Utopie und Marxismus verwandt sind. Beider Ideal ist der radikale Kollektivismus. Das Individuum ist in beiden dem Kollektiv komplett untergeordnet. Sowohl die Utopie, als auch der Kommunismus sind deswegen per se totalitär. Sowohl die Doktrin des Kommunismus, als auch die utopische Fiktion fordert die radikale Gleichschaltung aller Individuen – mit Ausnahme der Führer, oder der Führer-Clique, die „alles besser wissen“ als „das blöde Volk“.

Die Gleichschaltung der utopischen Gesellschaft wird auch in der Struktur der utopischen Städte und des utopischen Staates sichtbar. Thomas Morus war der erste utopische Stadtplaner, der seine Vision ausführlich beschrieben hat. Und die moderne Stadtplanung lässt sich zum Teil auf die utopische Stadtplanung seit Morus zurückführen. Der wahrscheinlich einflussreichste Architekt und Stadtplaner des 20. Jahrhunderts, der die kollektivistische utopisch-urbanistische Tradition weitergeführt und durchgesetzt hat, war Le Corbusier.

Ich habe mich in meiner Dissertation (2004) sowohl mit den ideologischen Prinzipien der Stadtplanung von Morus, als auch von Le Corbusier ausführlich auseinandergesetzt. Anschließend habe ich mich weiterhin mit den totalitären Aspekten des Gedankenguts einiger Künstler der Avantgarde (wie zum Beispiel dem Maler Piet Mondrian) beschäftigt. Aber lange Zeit hatte ich den Eindruck, dass totalitäre Ideen nur über utopische Romane oder Texte und über die bildende Kunst propagiert werden – aber nicht über die Musik.

Diesen Denkfehler konnte ich 2012 korrigieren: Zum 100. Geburtstag John Cages habe ich an einer Radio-Sendung des Bayerischen Rundfunks mitgewirkt. Ich lernte damals einige seiner Texte kennen und war verblüfft zu erfahren, dass er einen regelrechten Mao-Kult betrieb. Er war eben großteils ein „Maoist“, also ein Kommunist der radikalsten Form! Danach habe ich mich bis 2018 nicht mehr um Cage gekümmert.

Warum entschied ich mich, dieses Thema gründlich zu behandeln?

2018 schrieb ich einen Artikel über ein Klavierstück des deutschen Komponisten Helmut Lachenmann. Im Verlauf der Arbeit an diesem Text wurde mir dabei klar, dass Lachenmann der Vertreter einer ideologisierten, extrem destruktiven, neomarxistisch-avantgardistischen Ästhetik war. [Hier stand ein Link zu meinem Beitrag „Die marxistischen Künstler und ihr Anspruch, die führende Elite zu sein“.] Ich las darauf hin Lachenmanns Texte und habe anschließend einen zweiten Artikel über Lachnemanns Ästhetik geschreiben.

Aber je mehr ich in diese Thematik eintauchte, besto öfter bin ich wieder auf John Cage – einem der Hauptverfechter dieser destruktiven Radikalität – gestoßen. Ich las also quasi alle Texte Cages. Und ich begann parallel dazu die revolutionäre, antikulturelle und antikommunikative Ideologie der (musikalischen) Avantgarde – deren Hauptvertreter Cage war – systematisch zu studieren.

Ich verstand jedoch schnell, dass ich mich nicht auf die Musik beschränken durfte und habe die Avantgarde-Bewegung insgesamt erforscht. Und das bedeutet, dass ich ihren ideologischen Hintergrund und ihre historischen Wurzeln studieren musste. Diese verfolgte ich zurück bis ins 18. Jahrhundert: Rousseau, Saint-Simon, Marx, Lenin, Gramsci, Marcuse, die Neue-Linke, Mao-Tse-dung, der Neomarxismus – bis hin zur aktuellen Strömung der cancel culture. [Hier stand ein Link zu meinem Beitrag „Der Sozialist Saint-Simon prägte als erster den Begriff Kunst-Avantgarde“.]

Das Resultat dieser Beschäftigung ist mein Buch Linke Intellektuelle im Dienst des Totalitarismus, das am 11. April im Solibro Verlag erscheint.

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