In Ihrer sehr langen Rezension meines Buches Linke Intellektuelle im Dienst des Totalitarismus. Wie die Kunstavantgarde den Weg für die Woke-Bewegung bereitete – das Beispiel John Cage attestiert mir Beate Broßmann eine korrekte politische Orientierung und ordnet mich in das „gute“ Lager ein. Meine „Refernzgrößen“ (ihre Wortwahl) seien „Bürgerlichkeit, Liberalismus, Rechtsstaatlichkeit, Pluralismus und Demokratie, auf der ökonomischen Basis die soziale Marktwirtschaft“.
Es freut mich zu erfahren, dass ich politisch OK bin. Denn in einer anderen Rezension wurde ich nämlich als „Nazi“ charakterisiert und mein Buch als „brauner Dreck“ und „gequirlte braune Scheiße“ bezeichnet.
Das ist aber auch schon alles, was Frau Broßmann Positives über mich und mein Buch zu sagen hat. Normalerweise hätte ich auf ihre vielen Kritikpunkte nicht reagiert. Aber einige ihrerAussagen dürfen nicht unwiderlegt bleiben. Denn sie sind nicht nur faktisch inkorrekt, sondern sie tauchen auch immer wieder in der Öffentlichkeit auf und sind es deswegen wert, besprochen und widerlegt zu werden.
Zuerst einige Kritikpunkte: Mein Buch sei „unernst“, „pauschal“, destruktiv und „intellektuell unredlich“
Schon der Titel ihrer Rezension – „Analytischer Unernst“ – signalisiert Broßmanns Stoßrichtung. Gleich zu Beginn ihres Textes erfahren wir, warum sie glaubt, dass mein Buch „unernst“ sei:
Sora arbeitet mit Pauschalisierungen und Etikettierungen, anstatt ein differenziertes Bild einer früheren Epoche und von deren Folgen zu liefern. Er vergibt sich damit die Chance, ein genuines Verständnis heutiger Prozeßabläufe im okzidentalen Kulturbereich bzw. -betrieb zu erarbeiten.
Und an anderer Stelle fügt sie hinzu: „Was die neue Woke-Ideologie ihrem Wesen nach ist, bleibt“ [nach der Lektüre des Buches] „unbegriffen.“ Und es geht dann noch negativer weiter: Nicht nur, dass ich die „heutigen Prozeßabläufe“ nicht verstehen würde, ich wäre ausserdem ein ganz grobgezimmerter, negativer Geist, denn „um Differenzierung ist es Sora ja nicht zu tun. Er hat nur einen großen Mülleimer vor sich stehen, und da stopft er alles hinein.“
Die Rezensentin ist außerdem der Meinung, dass mir ganz allgemein die „intellektuelle Redlichkeit“ fehlen würde: Es sei „eben keine ergebnisoffene Forschung, was der Autor da betrieben hat. Das Resultat stand bereits vor der Recherche fest und wurde nur noch ‚bebildert‘ “. Mein Buch sei das Resultat eines einzigen „Zirkelschlusses“ und kranke deshalb an einem massiven „Kategorienfehler“ (sic).
Nein, Frau Broßmann: Weder ist die linke Ideologie „emanzipatorisch“, noch vertrat der Kommunismus „die Interessen der Arbeiter“
Aber erst folgender Kritikpunkt Broßmanns läßt uns den eigentlichen und wahren Grund ihrer Ablehnung meines Buches verstehen: Das Buch sei der Ausdruck eines „kruden Antikommunismus“ und das Ergebnis meines verkehrten „Linken-Bildes“. (Mit dieser Wortkonstruktion bezeichnet sie die Meinung, die ich von der linken Ideologie und den linken politischen Systemen habe – nämlich eine sehr schlechte.)
Broßmann lässt ihre Leser nicht im Zweifel, wie das richtige „Linken-Bild“ ihrer Meinung nach auszuschauen hat: nämlich durchaus positiv. Laut Broßmann „vertrat die kommunistische Bewegung die Interessen der Arbeitenden“ (sic: Gendersprache!), „also der Mehrheit der Bevölkerung“. Ausserdem behauptet sie, das Wesen der „Linken“ sei „emanzipatorischer Natur“.
Beide Aussagen stimmen ganz einfach nicht. Das Gegenteil ist der Fall: Die „linken“ Systeme vertreten die Arbeiter NICHT und sie sind per se repressiv. Dies habe ich bereits woanders dargelegt, aber ich werde es jetzt noch einmal kurz ausführen.
Die linke Ideologie hat ihrem Ursprung in den Schriften der Renaissance, in denen soziale Utopien1 entworfen wurden und in den politischen Ideen eines Teiles der Denker2 der Aufklärung. Daraus entwickelte sich im 19. Jahrhundert der Sozialismus und der Kommunismus.
Diese Ideologie ist und war stets die theoretische Legitimierung der Herrschaft einer kleinen, angeblich „aufgeklärten“ und „wissenden“ Gruppe über die überwältigende Mehrheit der Bevölkerung, die angeblich dumm und unwissend ist, und die deswegen mit eiserner Hand geführt/erzogen und regiert werden muß. Es ist eine Ideologie der Klassenherrschaft, der selbsternannten „Elite“ über das „Volk“. Diese Ideologie führt ausnahmslos, wenn sie restlos umgesetzt wird, zur totalen und totalitären Diktatur. (Ausnahme ist die echte Sozialdemokratie, solange sie sich nicht – wie gerade in mehreren westlichen Ländern – nach links radikalisiert.)
Die echte Linke gäbe es laut Broßmann angeblich gar nicht realiter, denn die existierenden kommunistischen und real-sozialistischen Staaten seien eigentlich nicht links
Die nicht zu leugnende Tatsache, dass sich die linken Gesellschaftsentwürfe (wie der reine Sozialismus und der Kommunismus) immer in grauenvolle totalitäre Diktaturen verwandelten, wenn sie de facto realisiert wurden (zum Beispiel in der Sowjetunion, China, Nord-Korea, Vietnam, Kambodscha, Kuba, Polen, Tschechoslowakei, Rumänien, Albanien, Ungarn usw.), wischt Frau Broßmann mit einem einfachen Denktrick weg:
Sie behauptet in aller Seelenruhe, dass Stalin, Mao, Kim Il Sung, Pol Pot, Castro, Ceaușescu und ihre vielen Epigonen gar keine Linken gewesen wären: „Mit ihrem (vorgeblichen) Sieg“ – [wieso vorgeblich ?!, TS] – „und dessen Repräsentanz im sozialistischen Staat kam die dogmatische Auslegung ihres Theoriensystems an die Macht und führte zur Erziehungsdiktatur.“ Somit waren die erwähnten kommunistischen Diktaturen und alle anderen, die immer noch bestehen, laut Broßmann bloß eine „dogmatische Auslegung“3 der linken Ideologie. Und ihre Führer/Diktatoren waren oder sind sozusagen gar keine Linken.
Leider täuscht sich Broßmann gewaltig, denn Stalin, Mao, Pol Pot, Kim Il Sung, Ceaușescu, Castro und ihre vielen Epigonen (Xi Jinping, Kim Jong Un, Nicolas Maduro u.a.) waren und sind ganz echte, hundertprozentige Linke! Sie und ihre höllischen Regimes waren und sind die personalisierte Verkörperung der von der Rezensentin so genannten „linken Positionen“.
Und im selben Gedankenzug behauptet Broßmann Ähnliches über die Linken der 68er-Generation, und ihre heutigen Erben: Auch sie hätten die wahre linke Doktrin „dogmatisiert“4. Sie seien somit ihrer Meinung nach ebenfalls keine echten (also „guten“) Linken: „Auch die Studentenbewegung mündete – aller intellektuellen Studienkreise zum Trotz – in Dogmatismus und Gewalt, allerdings nicht auf der Basis von Macht, sondern von Ohnmacht, gepaart mit Anmaßung.“
Die „linken Positionen“ seien ohne Wenn und Aber gut – leider seien sie bisher immer nur sehr schlecht umgesetzt worden
Ihre Behauptung, dass die 68er, die in den letzten 50 Jahren die politische Landschaft Deutschlands massiv (negativ) verändert haben, seien „ohnmächtig“ gewesen, toppt Broßmann mit folgendem Satz, der sich auf die Gegenwart bezieht: „Als Feindbild taugt die Linke nicht mehr. Sie ist mausetot – auch wenn manche immer noch mit ihr tanzen oder ringen.“ – Das alles sind erstaunlich ignorante Aussagen.
Die Logik, die hinter all diesen Aussagen über die sozialistischen Diktaturen und über die 68er steckt, ist folgende: Die „linken Positionen“ seien ohne Wenn und Aber gut – und wenn sie sich in der Praxis doch als sehr, sehr schlecht und destruktiv erweisen, dann sind sie eben gar nicht links, oder sie wurden mangelhaft (sozusagen dogmatisch) umgesetzt.
Nun – jemand der eisern an den Wert der „linken Positionen“ glaubt, der wird nie seine Meinung ändern. Und deswegen endet Broßmann ihre Rezension mit dieser unerschrocken-selbstgerechten Deklaration: „Und wenn es alle Welt an intellektueller Redlichkeit fehlen ließe und mit analytischem Unernst zu Werke ginge – wir nicht!“
Respekt, Frau Broßmann, bleiben Sie weiterhin analytisch ernst und intellektuell redlich!
- Zum Beispiel von Thomas Morus oder Tommaso Campanella ↩︎
 - Zum Beispiel Rousseau oder Étienne-Gabriel Morelly ↩︎
 - Die Ausdrücke „Dogmatiker“, „Dogmatismus“ oder „dogmatische Auslegung“ sind stalinistische Sprachrelikte. Diese Ausdrücke wurden in allen kommunistischen Staaten dann verwendet, wenn bestimmte Mitglieder der kommunistischen Partei diskreditiert, aus dem Machtapparat entfernt und letztendlich ausgeschaltet oder auch physisch eliminiert werden sollten. Sie wurden dann auch noch „Revisionisten“, Feinde des Volkes“ und „Lakaien der kapitalistischen Ausbeuter“ genannt, bevor sie in die Konzentrationslager des GULAGs gesteckt wurden. ↩︎
 - Siehe vorige Fußnote. ↩︎